Nachhaltiger Gitarrenbau

Wir haben ja neulich schon über das Problem Nachhaltigkeit und Gitarrenbau gesprochen. Ausgehend davon bin ich einen Schritt weitergegangen habe mir selbst eine Gitarre gebaut. Ziel war, noch nachhaltiger zu sein. Deswegen wurde der Hals für das Gerät gebraucht für 15,- Euro bei Ebay ersteigert (ein Strat-Klon) der Korpus aus Holz vom Sperrmüll gefertigt. Nebenbei: Es war nicht leicht, geeignetes Holz zu finden, welches eine entsprechende Tiefe aufweist. Letztlich wurden deswegen zwei Regalplatten (Buche?) zusammengeleimt. Zugekauft wurde eine recht günstige Bridge (ca. 20,- Euro), ein Pickuprahmen (2,50 Euro) und ein aktiver EMG-85 Pickup (ca. 70 Euro). Für die Färbung eine Tüte wasserlösliche Beize (2,50 Euro). Hartöl hatte ich noch von der Arbeitsplatte in der Küche.

Werkzeug war ein Problem, ich habe kein supergeeignetes. Genutzt wurden daher:

  • eine Stichsäge für den Korpus
  • ein Akkubohrer
  • ein Forstnerbohrer für die Halstasche, das Pickabloch und das Elektronikfach
  • ein Schwingschleifer
  • eine Feile, Hammer und Meißel
  • diverse Bohrer und Fräsköpfe (siehe Bild 1).

verwendetes Werkzeug, verschiedene Bohrer und Fräsen

Nun zu den einzelnen Schritten (wer mag darf dabei "Step by Step"von den New Kids on the Block hören):

Step 1

Die beiden Bretter zusammenleimen, trocknen und härten lassen. Dann die Tasche für den Hals fräsen und meißeln (wow...das war Glück...es passt und der Hals ist sogar gerade. Der Nachteil (zwei übereinander geklebte Bretter) ist zum Vorteil geworden, denn die Tasche konnte einfach bis zum zweiten Brett ausgefräst und gemeißelt werden, dadurch war die Fläche dann gerade). Die ersten Zentimeter habe ich bequem mit dem Forstnerbohrer weggefräst, dann den Rest gemeißelt und geschliffen. Anschließend einfach den Hals mit Bleistift verlängern auf beiden Seiten. Jetzt kommt der einzige Moment, wo man beim Gitarrenbau einen Zollstock oder anderes Maßwerkzeug braucht: Die Mensur. Da es sich um einen Strat-Hals handelt ist die Mensur insgesamt 648mm, das heißt bis zum 12. Bund sind es 324mm (muss man nicht messen, ist schon da) und von da bis zur Bridge nochmal 324mm (muss man messen). Dann die Bridge an die entsprechende Stelle schrauben.

Zuerst eine Tasche für den Hals fräsen und bohren

Step 2

Eine Seite aufziehen und testen, ob es schnarrt. Wahnsinn. Passt auf Anhieb, schnarrt nicht!

Eine Saite aufziehen und testen, ob es nicht schnarrt.

Step 3

Nun kann der Korpus mit der Stichsäge ausgesägt werden. Ich hatte da keine Vorlage, eher so eine Standardidee wie es aussehen könnte. Kurven und Kreise kann man perfekt zeichnen, wenn man verschieden große Teller, Schüsseln, Tassen etc. nimmt und diese als Schablone für Halbkreise nutzt. Das Pickuploch habe ich mit dem Forstnerbohrer vorgebohrt, dann mit der Stichsäge eckig vollendet (Achtung: Links und rechts mittig etwas mehr Platz lassen für die Höhenverstellschrauben vom Pickup). Ich habe komplett durchgebohrt. Beim nächsten Mal würde ich ein bisschen vom Boden behalten, dann muss der hinterher nicht mehr anders verschlossen werden. Da für das EMG-85 die Stegposition vorgeschlagen wird, habe ich die Öffnung recht nah an diesem gebohrt.


Step 4

Nun gilt es, den Korpus glatt zu schleifen. Das geht gut mit einem Schwingschleifer, mit dem auch die Kanten abgeschrägt werden können. Größere Kanten dagegen können besser mit einer Handfeile begradigt werden. Diese Arbeiten haben recht lange gedauert und es war erstaunlich, wie viel Kraft das Halten des Schwingschleifers benötigt. Für den ersten Schliff habe ich 80er Papier genommen, für den Feinschliff 180er.

Mit dem Schwingschleifer glatt schleifen

Größere Kanten mit der Hand feilen

Step 5

Nun den Korpus mit der Beize komplett streichen. Die Innenteile habe ich ungestrichen gelassen (Elektrofach und Innenteil der Humbuckertasche). Dann trocknen lassen.

Den Korpus mit Beize einreiben

Step 6

Nun noch ölen (ich habe Hartöl genommen, welches man auch für Möbel, u.a. Küchenplatten, nutzen kann. Stinkt eine Weile lang, aber ist ökologisch wohl recht unbedenklich). Das Öl habe ich über Nacht einziehen lassen.

Den Korpus mit Hartöl impgränieren

 

Step 7

Anschließend den Hals wieder anschrauben (passt immer noch!), ebenso die Brücke.

Hals und Brücke wieder anschrauben

Step 8

Jetzt das Pickup in das Fach einlegen, aber natürlich erst das Kabel vom Elektrofach durchziehen. Pickup in den Rahmen, später den dann anschrauben. Die Höhe des Pickups kann per Stellschraube eingestellt werden - aber erst dann, wenn alle Saiten aufgezogen sind.

Das EMG-Stecksystem ist wirklich einfach, es muss nichts gelötet werden. Damit das Pickup passt, musste ich ein wenig nachfeilen. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass ich das Fach doch noch ein wenig mit Alufolie ausgekleidet habe. Das braucht man ja bei aktiven Pickups wohl eigentlich nicht zur Abschirmung. Aber es schadet sicher auch nicht. Wobei ich nicht genau weiß, ob ich wirklich Alufolie eingebaut habe. Ich wollte ja möglichst nachhaltig sein, deswegen habe ich keine Küchenalufolie genommen, sondern die einer Schokolade, die ich extra dafür gekauft habe...nun ja. Ist nicht nachhaltig, aber war lecker. Aber ist die Folie einer Schokolade wirklich Alufolie?

Pickuploch mit Schokofolie füllen

Kabel ziehen

Pickup rein und mit Rahmen anschrauben

Step 9

Dann die Elektronik einbauen, auch das geht wieder einfach per Stecker. Ich habe zuerst die Potis in den Korpus installiert, denn alles verkabelt und wieder eine Saite aufgezogen und getestet, ob es funktioniert. Ja! Dann habe ich auch die Ausgangsbuche installiert und die Rückseite mit kleinen Brettern verschraubt. Das könnte man sicher schöner machen.

Potiknöpfe (Volume und Tone) rein

Alle Steckverbindungen stecken

Testen...geht!

Rückseite verschließen

Step 10

Nun brauchen die Potis noch Knöpfe...auch hier gilt: Nachhaltigkeit Rules!

Potiknöpfe aus Kronkorken

Kronkorken in Nahaufnahme

Step 11

Durch das schlechte Werkzeug konnte keine genau passende Halsaussparung gestaltet werden. Daher noch ein bisschen Eye-Candy aus Eisstielen.

Eisstiele

"Verzierungen"

Step 12

Nun kommt die eigentlich größte Herausforderung: Wird der Hals auch halten, wenn alle Saiten aufgezogen sind? Und: Wird die Gitarre am Verstärker auch gut klingen....ja, es läuft (sorry für das schlechte Spiel)!



Aber es bleibt spannend, denn die Frage ist, ob Hals und Korpus den Zug der Saiten auch längerfristig aushalten. Wir werden sehen, und ich werde berichten!

 

Ende

Danke für's Lesen. 

Euer Trevor!



Nachtrag, 23.8.21:
Zwei Wochen später: Der Hals hält, nichts ist verzogen.

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